Der Gesang des Sturms – Leseprobe
Sie war in den Fluss gefallen und ein seltsamer Mann hatte sie herausgefischt, sie zu sich ins Lager – welches Lager? – genommen und sie zugedeckt.
Jetzt lag er dicht neben ihr, hatte wie selbstverständlich einen Arm um sie geschlungen und fest an sich gepresst. Sein Kopf lag genau in dem Eck zwischen ihrem Kopf, dem Hals und der Schulter, seine Brust schmiegte sich an ihre Seite.
Augenblicklich erstarrte sie, als sie bei jedem seiner Atemzüge sein Brusthaar an ihrer Seite auf und ab hüpfen spürte. Sein Arm, der auf ihrem Bauch lag, bewegte sich im gleichen Rhythmus.(…)
Ihr Retter war keineswegs so alt, wie sie eigentlich angenommen hatte. Vielleicht drei, vier Jahre älter als sie selbst. Seine noch jugendlichen Züge waren im Moment völlig entspannt, ein leichtes Lächeln umspielte seine Mundwinkel.
Er hatte langes, schwarzes Haar, das ihm bis zur Schulter reichte, die meisten Strähnen waren jedoch in kleine Zöpfe geflochten. Als wild aussehend hätte man ihn wohl am besten beschreiben können, obwohl ihm dazu der lange Bart fehlte.
Elendar Assaim war hübsch, entschied Sirany. Zwar würde er ohne die wilden Haare besser aussehen, in denen sich zudem noch etwas Schlamm vom Fluss befand, aber eine Kurzhaarfrisur war seit dem Überfall auf ihr Land ohnehin aus der Mode gekommen.
Sirany war noch ganz ins Betrachten vertieft, als sich sein Lächeln plötzlich verbreiterte und er, ohne die Augen zu öffnen, fragte: »Gefällt dir, was du siehst?«
Augenblicklich schoss Sirany das Blut ins Gesicht und rasch sah sie fort. Als sie das nächste Mal in das Gesicht ihres Retters blickte, hatte er die Augen geöffnet. Braune Augen blickten sie freundlich an, studierten ihr Gesicht nun ebenfalls.
»Du brauchst eine Frisur!«, erwiderte sie.