In meinem Buch “Das Band der Magie” ist eine ganze Szene rausgefallen: Sie war zu lang und führte dabei von der eigentlichen Geschichte weg. Ursprünglich sollte sie Aeris Welt ein bisschen mehr erklären. Daher will ich sie euch nicht vorenthalten.
Die Szene heißt “Die Salzberge” und war ursprünglich zwischen Aeris Sturz den Abhang hinunter und dem Auftauchen der Shadun geplant. Hier jetzt die ersten drei oder vier Seiten. Wenn ihr noch mehr haben wollt, dann schickt mir doch eine Mail an:
lianes.buchgefluester@gmail.com
Ich würde euch die Szene dann als mobi-Datei kostenlos zuschicken. Den Rest werde ich aber auch so die Tage über hier reinstellen.
Jetzt also viel Spaß mit der unveröffentlichten Szene:
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Die Salzberge
Als der Sommer voranschritt , wurde mir klar, dass mein Salz zum Einpökeln nicht reichen würde. Auch das noch. Es war die schlimmste Arbeit überhaupt, dem Berg sein Salz zu entringen. Und der Weg dorthin war weit.
Meist holte ich so viel Salz, dass es für zwei Winter reichte. Jetzt war klar: Es war wieder soweit.
Also ließ ich die Hühner in die Freiheit, verriegelte meine Hütte und brach mit Keelin und Meeha auf zu den Salzbergen. Die lagen in entgegengesetzter Richtung zur Stadt, durch immer wilder werdenden Wald hindurch.
Das Gelände rund um meine Hütte kannte ich wie meine Westentasche. Der Wald war dort freundlich, es gab nur helle Laubbäume mit ihren bunten, ungiftigen Blättern. Hier und da stand mal ein Nadelgehölz. Auf die musste man aufpassen: Wenn sie sich bedroht fühlten, schossen sie ihre Nadeln ab – und im Zielen waren sie echte Meister.
Die Nadeln waren in den seltensten Fällen wirklich bedrohlich, denn die Wenigsten drangen tief genug in die Haut ein, um dort stecken zu bleiben. Schmerzhaft war es aber trotzdem: Als ob winzige Stacheln auf einen einprasseln, die nur ganz kurz die Haut durchdringen und dann abfallen. Hinzu kam, dass das ganze Harz überall hängen blieb.
Ich mied daher Nadelgehölz wie die Pest.
Wenn ich Holz zum Verbrennen brauchte, suchte ich mir das von entwurzelten Bäumen, zersägte Äste – oder fällte in seltenen Fällen einen kranken Baum. Die waren einfach zu erkennen: Sie trugen selbst im Sommer keine Blätter und die Geister mieden diesen Bereich.
Dass Laubbäume vor sich hin gammelten, kam aber ohnehin sehr selten vor: Sterbende Bäume machten sich meist selbst ein Ende, indem sie ihre gewaltigen Wurzeln aus der Erde rissen und sich so zum Umfallen brachten. Das Geräusch hörte man meilenweit und ich musste nur lange genug suchen, um den betroffenen Baum zu finden.
Ihr Holz zu sammeln, war wohl in Ordnung. Die Bäume machten keine Anstalten, mich anzugreifen, was immer gut ist.
Der Wald, durch den ich jetzt gehen musste, war da ein bisschen anders. Er ist dicht mit Nadelgehölz durchwuchert – und es gibt fiese Klammerbüsche. Sie klammern sich ähnlich wie der Hackelstüpper an den Rücken des Opfers und lassen sich mitnehmen. Da wachsen sie dann friedlich vor sich hin. Das tut nicht weh, nur werden sie immer schwerer und man wundert sich die ganze Zeit, warum man so diffus müde ist.
Ich hatte mal ein ganzes Jahr einen Klammerbusch am Rückgrat kleben, bis ich dahinter kam. Sie wandern nämlich auch unauffällig und weichen so tastenden Händen beim Waschen aus. Ziemlich fies also.
Aber die Klammerbüsche waren mir da zumindest lieber als die Hackelstüpper: Das sind längliche Schlangen, die ebenfalls am Rücken kleben. Sie beißen sich im Nacken fest und befestigen sich mit winzigen Tentakeln entlang des Rückgrates. In extremen Fällen lassen sie nie wieder los – und man stirbt ganz langsam an Erschöpfung.
Ich sehe manchmal Hackelstüpper an verendeten Tieren und mache einen großen Bogen um sie. Ich hab nämlich keine Ahnung, wie sie angreifen, und will es lieber nicht herausfinden.
Während es also in meinem Wäldchen eher ungefährliche Tiere gibt – den Dipdap eben oder das sechsbeinige Dahuti, eine Mischung aus Wiesel und Kaninchen, das total auf Nüsse steht und wirklich nichts anderes im Kopf hat – sieht das in anderen Wäldern ganz anders aus. Das gefährlichste Wesen in meinem Wald ist der Usurpator, aber selbst der ist da eher nicht heimisch, sondern zieht nur auf seinen Wanderungen durch. Sie mögen dunkle, unheimliche, dicht bewaldete Wälder lieber.
Jetzt stellte ich mich innerlich auf jede Menge Knarzis, Usurpatoren und fiese Taruls ein. Letztere sind riesige Adler, leider mit drei Schnäbeln ausgestattet. Ihren Hack-Attacken zu entkommen, ist so gut wie unmöglich. Wann immer ich auch nur den Hauch eines Taruls am Himmel sehe, gehe ich in Deckung. Die Viecher sind nämlich auch noch so groß wie ich – und ich passe genau ins Beuteschema.
Tief in meinem Inneren fragte ich mich, ob wir auch auf ein Rudel Veddawölfe treffen würden. Ich hatte mal eins gesehen, auf dem Weg in die Berge. Oder, besser gesagt: Sie hatten mich entdeckt und zu ihrer Beute erklärt. Ich war nur entkommen, weil ich sechs Tage lang auf einem Nadelgehölz ausgehalten hatte. Der Baum hatte zum Glück die Veddawölfe als größere Gefahr angesehen und die Tiere doppelt so heftig beschossen wie mich, nur so konnte ich überhaupt auf ihn drauf klettern. Weil der Baum die kompletten sechs Tage lang die Veddawölfe befeuerte, ließen sie irgendwann von mir ab.
Das Runterkommen vom Baum war dann aber ein Erlebnis, das ich nie wieder haben möchte. Noch Tage danach war meine Haut dunkelrot gepunktet gewesen.
Fortsetzung folgt … hier: Salzszene Teil 2